Alles fiebert, schnupft und hustet dir in der S-Bahn in den Nacken. Sie ist auf dem Höhepunkt: die Grippe- und allgemeine Krankheitszeit. Die Zeit, in der geplante Treffen mit Freunden auf Wochen verschoben werden müssen. Ja, sogar auf Monate, wenn Kinder mit im Spiel sind. Und auch mich hat es dieses Jahr wieder erwischt, auch wenn ich mich im Vergleich zum ersten „Kinderkrippen-Jahr“ in diesem Winter noch erstaunlich gut gehalten hatte. Aber irgendwann kam er, der fiebernde Infekt mit Schnupfen und Husten. Drei Tage bei meinem Sohn, drei Wochen in dreifacher Intensität bei mir.
Als ich nach einigen Tagen „zur Arbeit schleppen“ dann doch bei der Ärztin im Behandlungszimmer sass, bestätigte sich die Diagnose eines akuten bronchialen Infektes gepaart mit einem Anflug des Influenza Virus. Resigniert musste ich mir eingestehen, dass all meine präventiven Massnahmen, wie Ingwertee, viel Gemüse, Saunagänge, Nasenspülungen und Grippeimpfung doch nicht die Krankheit von meinem Körper fernhalten konnten.
„Ach wissen Sie, in der heutigen Zeit wird uns ja stets vermittelt, dass wir nur eine gesunde Lebensweise einhalten und alle Risikofaktoren vermeiden müssen, um allen Krankheiten aus dem Weg zu gehen. Dabei müssen Sie sich immer vor Augen halten, dass allein die Tatsache, dass Sie ein Kind haben, schon allein der grösste Risikofaktor ist“, beschwichtigte mich meine Ärztin. „Von der Krippe bringt es Viren mit nach Hause, die Ihr Körper seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Da hilft kein Hausmittel der Welt etwas.“
Nach einem kurzen Blick in meine Krankenakte fügte sie dann noch hinzu:
„Aber bei ihrer medizinischen Vorgeschichte kann solch eine „Kinderkrankheit“ Sie doch nicht mehr schocken, oder?“
Ich stockte einen Augenblick. Wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. „Ja, das kann wohl sein“, war das einzige, was ich darauf entgegnen konnte.
Doch ich kam ins Grübeln. Empfinde ich wirklich jeden Schnupfen, jede Bronchitis, jeden grippale Infekt nur als eine „Kinderkrankheit“ im Vergleich zu meiner Brustkrebserfahrung? Alles relativ, sozusagen?
Es stimmt schon, dass der Brustkrebs mit alle seinen schrecklichen aber auch glücklichen Momenten der bisher markanteste Einschnitt meines Lebens war. Mit dem Tag der Diagnose ist mein Körper in den „Kampfmodus“ umgesprungen. Jede Zelle, meine gesamte Psyche und mein Lebenswille kämpfen seither dafür, Schaden und zu grosse Belastungen von meinem Körper fernzuhalten. Und auch wenn die Schlacht vermeintlich gewonnen scheint, so befinden sich meine „Wächter der Gesundheit“ maximal in Lauerstellung. Immer bereit, meinen Körper nicht wieder in solch ein schwarzes Loch fallen zu lassen.
Jeder Infekt – und sei er auch noch so harmlos – zwingt mich und meinen Körper, ein Gefühl der Schwäche über Tage oder Wochen auszuhalten, was mir besonders seit meiner Krebserkrankung nicht wirklich leicht fällt. Und besonders die vermeintlichen „Kinderkrankheiten“, die mein Sohn mit nach Hause bringt, zwingen mich im Winter oft dazu zu akzeptieren, dass ich bei dieser Art von Viren einfach nur kapitulieren kann.
Nein – ich kann wirklich nicht behaupten, dass mich die Krebserkrankung zu einer gelasseneren Patientin gemacht hat. Eher das Gegenteil ist der Fall. Jeder, der sich im Erwachsenenalter die Mandeln hat rausnehmen lassen müssen, wird mir beipflichten, dass einen die Schmerzen über zwei Wochen an ungeahnte Grenzen treiben. Schwer zu sagen, dass es Schlimmeres gibt, wenn man noch nicht mal seine Spucke schlucken kann, ohne dass Tränen in die Augen schiessen.
Aber der Krebs hat mir auch gezeigt, dass es sich lohnt, wenn man einfach das Visier runterklappt und sich sagt: auf Regen folgt auch wieder Sonnenschein.
mir geht es ähnlich. eigentlich dachte ich, nach dem krebs is alles „andere“ pippi. aber, ich will ja auch nicht wehleidig klingen, fühlt sich alles doch intensiver an. wie meine portentfernung diese woche, obwohl ich schon ein paar ops durch hab, schwirren in meinem kopf die gedanken, was denn sein könnte… und ich bin so übervorsichtig geworden… einfach nur um mich vor eventuellem selber zu beschützen 🍀💪🏻
Vielen Dank für deinen Kommentar. Auch wenn die Sicherheit in den Körper nie wieder die gleiche sein wird…mit der Zeit wird es besser. Bestimmt auch bei dir!! Alles Liebe!