Der Plan für 2023: Ich bin dann mal weg

„Ich bin dann mal weg!“ Wie gerne hätte ich diese Worte aus Hape Kerkelings Bestseller in die Tat umgesetzt, als ich meine Diagnose Brustkrebs erhielt. Hätte mich einfach mit einem Rucksack aus dem Staub gemacht, um diesem unwirklichen Alptraum zu entfliehen. Ein Stück weit konnte ich es, indem ich sein Buch wieder zu Hand genommen habe. Als Hörbuch habe ich Hape auf dem Jakobsweg begleitet, während ich die klare und rote Therapieflüssigkeit in mich habe fließen lassen. In Gedanken bin ich mit Hape Monat für Monat ein Stück weiter gewandert. Jeden Monat ein Stück weiter Richtung Santiago di Compostella. 🥾⁠

Seine Erkenntnisse des Tages haben mich in dieser Zeit stets ein Stück weiter getragen. Haben mich getröstet, oder mich motiviert. „Keep on running“, „Lachen ist die beste Medizin“, oder „Ich bin in mir zu Hause“. Um nur einige zu nennen. Auch heute noch ist das Buch oder Hörbuch für mich ein immer wiederkehrender Freund, den ich in turbulenten Zeiten, oder schlaflosen Nächten hervorhole und ein paar Passagen auf dem Jakobsweg mitlaufe.

Eines Tages diesen Weg noch einmal selbst zu pilgern, war und ist ein großer Punkt auf meiner Once in a lifetime Liste. Einfach loszugehen, an seine Grenzen zu gehen, sich jeden Tag wieder von Neuem zu motivieren, seine Kräfte richtig einzuteilen und den äußeren Umständen des Wetters zu trotzen: all das hatte eine so starke Parallele zu meiner Zeit während der Chemotherapie. Dieses Buch war mir während dieser Zeit ein treuer Begleiter und sei jedem Menschen ans Herz gelegt, der gerade ähnlich schwere Zeiten erlebt.

Mehr als 10 Jahre bin ich nun krebsfrei und gehöre somit definitiv zu den Langzeitüberlebenden nach einer Brustkrebserkrankung. Ein Ereignis, das ich gebührend gefeiert habe. 10 Jahre! Wie schnell sind sie bloß vergangen?! Doch mit dieser Freude kam auch eine bittere Erkenntnis: 10 Jahre sind seit meiner Erkrankung vergangen. 10 Jahre Gesundheit, in denen ich mir zwar ein glückliches Leben aufgebaut, aber eigentlich keines der Dinge realisiert habe, die auf meiner Bucketlist stehen. Das erste Buch ist immer noch in Arbeit, okay. Aber die anderen Punkte, wie eben den Jakobsweg, hatte ich – Alltag sei dank – vollkommen aus den Augen verloren. 😕

Und während in den letzten Jahren links und rechts wieder die gesundheitlichen Schicksalsschläge bei Freunden und Familie eingeschalgen sind, habe ich mich gefragt: Worauf warte ich eigentlich?

„Ich muss einfach den Jakobsweg laufen“, habe ich daraufhin meinem Mann gesagt.
„Okay, mach!“, hat er geantwortet. Und ich glaube, er meinte das wirklich ernst.

Nun ist es für mich nicht ganz leicht, in einem gestrafften Berufsalltag und mit einem schulpflichtigen Kind, einfach mal so durchzubrennen. Aber ich habe mich entschieden, klein anzufangen und konnte in 2022 mit einer kleinen Gruppe an Kolleginnen einen Tag lang auf einem Nebenarm des Jakobswegs im Norden pilgern.

20km von Mardorf am Steinhuder Meer bis zum Kloster Loccum. 20km einfach mal unterwegs sein. 20km sich selbst mit der Natur um sich herum und dem Weg unter den Füssen verbinden. 20km lang die Gedanken schweifen lassen. 20km lang schweigen oder reden. 20km mal vorlaufen, oder sich zurückfallen lassen. Nach 15km merken, dass die Beine hauptsächlich eine sitzende Tätigkeit ausüben und 5km lang die zunehmenden Schmerzen ignorieren.

Und die Erkenntnis: Jakobsweg – ich werde kommen!

Also habe ich mit der Recherche begonnen und mir telefonisch bei meiner lokalen Buchhandlung des Vertrauens den aktuellen Reiseführer des Camino francés mittels 13-stelliger ISBN Nummer bestellt. Bekommen habe ich… den portugiesischen Jakobsweg. Sollte mir das etwas sagen?

„Wollen Sie den laufen?“, fragte mich noch die Verkäuferin.
„Ja. Äh, nein. Äh, weiß ich nicht genau. Eigentlich wollte ich einen anderen Jakobsweg laufen.“

Ich sehe das jetzt mal als Zeichen aus dem Universum, habe diesen Schatz jetzt einfach mal mitgenommen und mich für den Camino Portogues entschieden.

Und auch der nächste Schritt ist für mich getan, um meinen Traum vom pilgern zu verwirklichen. Nachdem mein Mann, mir recht selbstverständlich sein Okay für eine dreiwöchige Auszeit auf dem Jakobsweg gegeben hat ❤️🙏🏻, habe ich nun den nächsten Schritt gewagt und einen Antrag auf unbezahlten Urlaub im nächsten Jahr gestellt.

Damit wir uns richtig verstehen: dieser Schritt ist für mich riesig, denn vor allem mental habe ich es mir bisher noch nie erlaubt, mich bei meinen Arbeitgebern entbehrlich zu machen. Warum? Tja, das wird wohl eine der Fragen sein, die ich mir auf dem Jakobsweg stellen werde.

Meine Chefin hat umgehend zugestimmt. Sie fände so etwas immer toll. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass die größten Hürden bisher vor allem in meinem Kopf zu finden waren.

Und nun genieße ich erstmal die aufgeregte Vorfreude. Auf einmal wird es so real! Im Juni geht es los. Tipps zum Pilgern sind jederzeit willkommen.

Welcher Lebenstraum wartet noch in deinem Kopf? Schreib mir gern in die Kommentare!

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