Jakobsweg: zwischen planen und sein lassen

Schon Konfuzius wusste: Der Weg ist das Ziel!

Und was das genau für meine geplante Pilgerreise bedeutet, kann ich bereits seit Beginn der Reiseplanung erkennen.

Seit einigen Wochen beschäftige ich mich nun mir der Planung meines Camino Portogués im Juni und stoße immer wieder auf eine Frage:

Was will ich vorplanen und was einfach nur sein lassen?

Für meine erste Pilgerreise habe ich mir im Juni drei Wochen unbezahlten Urlaub genommen. Zwei Wochen davon plane ich fest für den Jakobsweg von rund 240 km vor Ort ein. Für die An- und Abreise von Hannover nach Porto bleibt mir also knapp eine Woche. Mit diesem Rahmen im Gepäck habe ich mich in den letzten Wochen auf die Suche nach dem für mich besten Setting zwischen Wunsch und Machbarkeit gemacht. Denn um meinen klimatischen Fußabdruck möglichst gering zu halten, wollte ich eigentlich komplett auf die Fliegerei verzichten. Von Hannover hätte es ohnehin keinen direkten Flug nach Porto gegeben und so habe ich mich auf die Suche nach alternativen Reisemöglichkeiten gemacht.

Eine Reise per Bus würde sage und schreibe 39 Stunden reine Fahrtzeit in Anspruch nehmen. Ohne Pausen, Verspätungen bei den Umsteigepunkten oder Staus. Schon auf früheren Klassenfahrten habe ich die Anreise per Bus verteufelt und konnte aufgrund einer latenten Übelkeit durch Gerüche und Schaukelei nicht schlafen. Nach einer fast 40-stündigen Fahrt müsste ich mich wahrscheinlich erst einmal zwei Wochen in Porto ausruhen, um wieder fit für die Wanderung zu sein. Und da mein Vertrauen in die Fahrtüchtigkeit der teils übernächtigten Billigbusfahrer ebenfalls nicht sonderlich hoch ist, kam diese Reisemöglichkeit ebenfalls nicht für mich infrage.

Und so habe ich nun an einem irgendwie für mich goldenen Mittelweg gearbeitet und fahre zwei Drittel der Strecke mit dem Zug, um den letzten Abschnitt vom Süden Frankreichs nach Portugal zu fliegen. Mit der Bahn geht es nun von Hannover nach Paris, wo ich eine Übernachtung einplane. Am nächsten Tag nehme ich dann einen der hoffentlich nicht bestreikten Züge in Frankreich, um nach Toulouse zu fahren, von wo mich dann am Abend ein noch kurzer Flug nach Porto bringen soll.

Soweit in der Theorie… So ungewiss in der Praxis…

Seit meiner Buchung habe ich nun schon mehrere Nachrichten von der Bahn- und Fluggesellschaft erhalten. Änderungen der Reise- und Flugzeiten! Da heißt es für mich: gelassen bleiben! Denn bei all der Vorplanerei ist mir vollkommen bewusst, dass nicht nur an einer Stelle etwas anders laufen wird, als ich es mir ausgedacht habe.

Für den Jakobsweg vor Ort habe ich mir nun lediglich eine Pension für die erste Nacht gebucht. Um anzukommen. Durchzuatmen. Und ich auf das einzulassen, was vor mir liegt. Ein Weg ins Unbekannte, den ich Schritt für Schritt kennenlernen und erfahren darf. Ohne Pilger-App oder exakt vorgeplanter Route. Denn auch das ist möglich und wird im Rahmen des lukrativen Pilgertourismus angeboten. Je mehr ich recherchiere und einsteige in das Jakobsweg-Universum, desto mehr Angebote erhalte ich, mich quasi perfekt auf den Weg vorzubereiten: die ultimativen Socken für einen blasenfreien Lauf, sowie GPS-Tracker und Schrittzähler, um mich auf dem Weg genau orten und zurechtfinden zu können. In der dazugehörigen Facebook-Gruppe teilen mehrere tausend Pilger ihre eigenen Erfahrungen, die an der einen oder anderen Stelle vielleicht nützlich sind, bei denen ich aber weiß, dass es nicht meine sein werden.

Und so habe ich beim Punkt „Vorausplanung“ beschlossen, dass ich es bei der An- und Abreise belassen werde. Denn mich reizt besonders das Ungewisse, das Ungeplante, das mich auf dem Weg erwarten wird. Ich bin gespannt auf meine Gefühle, wenn ich auf Probleme stoße und auf meine Reaktionen, wenn es darum geht, Lösungen zu finden. Denn das ist es, was das Pilgern für mich ausmacht. Nur das allein sind meine Erfahrungen, die ich machen werde. Meine Erlebnisse, die in keinem Buch zu finden sind. Außer vielleicht in meinem eigenen Notizbuch ;-)

Das ist eben mein Weg!

Wie siehst du das?

Bist du eher Team Vorplanerin oder Team Spontanität?

4 Gedanken zu “Jakobsweg: zwischen planen und sein lassen

  1. Andreas schreibt:

    Also ich finde es sehr gut, nur den Start und den Rückweg zu planen. Alles was kommt einfach anzunehmen und das beste daraus zu machen. Probleme werden bestimmt auftauchen, aber diese dann spontan zu bewältigen, macht Sinn.
    Einfach machen und los…

  2. Gudrun schreibt:

    Ich bin eine Planerin, das muss ich zugeben. Wenn es dann plötzlich aber nicht so klappt, dann ist es auch nicht schlimm. Dann wird umdisponiert. Ich finde den Jakobsweg sehr spannend, mein Kopfkino hindert mich aber daran. Ich bin 68. Kopfkino, Angst mich zu übernehmen, meine Kräfte zu überschätzen und irgendwann, irgendwo unterwegs aufgeben zu müssen. So wandere ich in Deutschland Tagesstrecken. Das ist auch sehr schön. Mit Interesse verfolge ich deine Vorbereitungen und bin gespannt, was du von deiner Reise berichten wirst.
    Liebe Grüße
    Gudrun

    • Red & Welly schreibt:

      Deine Gedanken kann ich gut nachemfpinden. Meine Gedanken haben mich die letzten 10 Jahre ebenfalls davon abgehalten, den Weg zu gehen :-) Und als kleine Anekdote am Rande: ich bin letztes Jahr mit einer Gruppe von der Arbeit in DE gepilgert. Unsere Pilgerführerin war 82 Jahre und hat in den letzten 20 Jahren den gesamten Camino Frances bepilgert. Immer einmal im Jahr und wochenweise. Etappe für Etappe. Mit Mitte 70 ist sie dann in Santiago angekommen. Ich wünsche dir weiterhin wunderschöne Wanderstrecken. Wo auch immer.

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