Ich schreib dann mal ein Buch

„Über meine Geschichte schreibe ich ein Buch.“

Diesen Satz habe ich zum ersten Mal zu meinem Onkologen bei einem meiner unzähligen Blutkontrollen gesagt. Damals. Vor über zehn Jahren. Meine Brustkrebsgeschichte kam mir irgendwie immer ein bisschen unwirklich vor. Ein Teil von mir hatte stets den Eindruck, nicht Teil der Erfahrung zu sein und sich das ganze Szenario um Operationen, Therapien und Nebenwirkungen aus der Entfernung anzuschauen. Ein wenig so, als gehöre dieser Teil meiner Lebensgeschichte nicht zu mir.

Und auf diese Art und Weise schrieb ich auch „an meinem Buch“. Mit einem gewissen Abstand zum Erlebten. Mit einer gewissen Sachlichkeit zur Sache Krebs. Fest entschlossen, einen Bestsellerroman daraus zu machen ;-)

Doch bevor ich mein Buch veröffentlichen konnte, musste ich ja erst einmal lernen, wie man einen Roman schreibt. Dachte ich. Und so meldete ich mich rund ein Jahr nach meiner abgeschlossenen Behandlung in Zürich zu einem Kurs an, in dem ich Vieles über das Plotten, die Dramaturgie einer Geschichte, Protagonisten, dem Antagonisten, Agenturen, Verlage und das Schreiben eines Exposés lernte. Der erste Tipp, den mein Kursleiters mir damals gab war:

„Erzähl deinem Umfeld nicht zu früh, dass du ein Buch schreibst.“ :-)

Warum dieser Tipp Gold wert ist, habe ich die letzten zehn Jahre am eigenen Leibe erfahren. Denn ist dieser Satz einmal ausgesprochen, kommen in den ersten Monaten noch interessierte Rückfragen, wann denn das Werk erscheint. Wenn ein Schreibprozess, wie bei mir, mehrere Jahre bzw. Jahrzehnte dauert, wird man irgendwann als unglaubwürdig und mit einem freundlichen „jaja“ abgestempelt, wenn man über seine Ambitionen weiterhin berichtet.

Meine Erfahrungen aus der Brustkrebserkrankung haben es allerdings durchaus schon einmal in ein Buch geschafft. Für ein Gemeinschaftswerk meiner damaligen Ärztin Dr. Teelke Beck und meiner Breast Care Nurse Irene Brenneisen durfte ich meine Erfahrungen über die Rückkehr in den Beruf nach einer Krebsbehandlung beisteuern. Ihr findet das Buch „Vom Anfangen und Weitermachen“ unter meinen Buchtipps.

Doch zurück zu meinen eigenen Schreibambitionen, die bereits seit zehn Jahren anhalten. Es ist nicht so, dass ich nichts geschrieben hätte. Ganz im Gegenteil. Meine ursprüngliche Idee, meine Zeit der Krebserkrankung in einen Roman umzuwandeln, habe ich lange Zeit verfolgt. Doch es gab immer wieder die Momente, in denen die jeweilige Idee stockte, der Plot nicht passend war, oder mich das Schreiben immer wieder an schmerzliche Punkte der Geschichte gebracht, die ich verarbeiten musste.

Insgesamt liegen vier halbfertige Manuskripte in den virtuellen Schubladen meiner Festplatte. Rückblickend betrachtet waren diese Versionen meiner Arbeit nötig. Um zu verarbeiten, zu heilen und schriftstellerisch zu reifen. Denn ich habe viel gelernt in dieser Zeit. Nicht zuletzt, seitdem ich mich mit anderen Autoren verbunden habe und mittlerweile die Wege der Veröffentlichung überprüfe.

Was ich in den letzten Jahren gelern habe: Ich hatte Angst vor wirklicher Sichtbarkeit. Meinen Krebsblog habe ich viele Jahre anonym mit Unterstützung meiner roten Gummistiefe „Red“ und „Welly“ geschrieben. Mich im Internet unter meinem richtigen Namen gemeinsam mit dem Thema Brustkrebs zu zeigen, war für mich lange ein Tabu.

Warum?

Tja, genau darum wird es nun in meinem ersten Buch gehen, das nicht mehr als Roman, sondern als autobiografisches Sachbuch geplant ist. Es beleuchtet meine lange Bekanntschaft mit dem Krebs, die viel älter ist, als die der eigenen Brustkrebserkrankung. Ich beschreibe darin, warum der Krebs mich schon früh zum Schweigen gebracht hat. Warum ich keine Worte für diese Krankheit hatte, bis ich sie selbst erfahren habe und wie ich es geschafft habe, das Tabuthema Krebs für mich bestmöglich aufzuheben. Es ist ein Buch, das an vielen Stellen schmerzlich ist, zu schreiben, doch es ist das Buch, das ich schreiben muss. Seitdem ich das für mich erkannt habe, läuft es weiter und weiter. Bis zum Sommer plane ich, die Idee einer Agentur anzubieten. Alles braucht eben manchmal seine Zeit.

Die Romanidee bleibt mir erhalten. Doch der Schwerpunkt hat sich verlagert. Auch diese Idee werde ich wieder aufgreifen. Wenn die Zeit dafür reif ist.

Hast auch du manchmal lange dafür gebraucht, um eine Idee umzusetzen?

2 Gedanken zu “Ich schreib dann mal ein Buch

  1. Gudrun schreibt:

    Hallo Susanne,
    ich bin gespannt auf dein Buch. Es gibt schon so viele, aber jedes ist anders so wie auch jeder Brustkrebs anders ist und jede Frau damit anders umgeht.
    Die Hemmschwelle mit dem Sichtbarwerden, die kenne ich. Sichtbarwerden mit meinem Blog, da hatte ich kein Problem. Den Blog schreibe ich seit 2016, meine Brustkrebsdiagnose bekam ich im Herbst 2019. Also habe ich darüber auch auf meinem Blog berichtet, zeitgleich mit der Behandlung. Aber auch später, immer wenn es dazu etwas zu berichten gab, kamen neue Beiträge dazu.
    In den nächsten Wochen wird mein Roman herauskommen. Das war die Hemmschwelle „sichtbarwerden“. Ich habe immer gedacht: Will das überhaupt jemand lesen. Es ist eine Neuauflage (ich hatte ihn 2019 schon einmal herausgebracht) und hat nichts mit Brustkrebs zu tun. Ich habe ein Schreibseminar bei Hera Lind in Salzburg besucht. Der Weg war auch lang, aber nicht so lang wie bei dir. Zwei andere Ideen liegen schon in der Computerschublade und wollen beendet werden.
    Ich wünsche dir gutes gelingen für dein Buch.
    Liebe Grüße
    Gudrun

    • Red & Welly schreibt:

      Liebe Gudrun, viele Dank für den lieben Kommentar. Ja, das mit der Sichtbarkeit per Roman oder Sachbuch ist irgendwie noch einmal etwas anderes, als der Blog. Aber ich denke auch, dass es sich lohnen wird. Ich gebe mir Mühe, mein Buch bald veröffentlichen zu können und wünsche dir viel Erfolg mit deinem Werk. Das ist so wichtig! Liebe Grüße, Susanne

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