Dr. No jagt Dr. Hoffnung

Was bleibt uns, wenn in unserem persönlichen Kampf gegen den Krebs wieder einmal ein Stück Hoffnung stirbt?

Die deutsche Moderatorin Miriam Pielhau ist tot. Die Mutter einer 4-jährigen Tochter. Gestorben an den Folgen ihrer Brustkrebserkrankung. Mit 41 Jahren. Plötzlich. Unerwartet. Ungerecht. Einfach unnötig. Sie galt eigentlich nach zweifach überstandener Erkrankung noch vor kurzem als krebsfrei. Sie war stets optimistisch in ihrem Kampf. Hoffnungsvoll. Lebensbejahend. Doch plötzlich hat der Krebs ihrem Leben ein unerwartet schnelles Ende gesetzt. Sie wurde definitiv zu früh von dieser Welt geholt.

Es ist eine Nachricht, die mich mehr als betroffen und sehr traurig macht. Denn Miriam Pielhau war für mich in meinem eigenen Kampf gegen den Brustkrebs ein hoffnungsvolles Vorbild, an das ich mich geklammert habe. Ihr Buch „Fremdkörper“ war ein Leitfaden und Tröster während der Therapie. Ein Geschenk, das mir meine Mutter zu Beginn der Behandlung gemacht hatte. Ihre Zeilen brachten mich oft zum Lachen. Manchmal auch zum Weinen. Oft nahmen sie mir aber auch das Gefühl von Einsamkeit, denn ich konnte mich mit den Ängsten, Sorgen und Gedanken von Miriam Pielhau identifizieren. Unbekannterweise war sie eine Verbündete im Geiste für mich.

Dann – an einem mutlosen Tag in meiner Therapie – las ich die wunderbare Nachricht, dass sie nach überstandener Brustkrebserkrankung ein Kind erwartete. Ein Wunderkind – so hatte sie es bezeichnet. Denn medizinisch war es eigentlich hoffnungslos. Meinen eigenen Kinderwunsch hatte ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich auch schon erfolgreich zu den Akten gelegt. Doch ich spürte, wie mit dieser wunderbaren Neuigkeit wieder Hoffnung und Entschlossenheit in mir aufkeimte. Es waren wichtige Ressourcen, um den Kampf gegen diese Krankheit durchzuhalten. Zu siegen und neue/alte Lebensziele anzusteuern. Ihre Freude wurde zu meiner Hoffnung in der Kinderfrage.

Dann erschien vor kurzem ihr Buch „Dr. Hoffnung“, durch das bekannt wurde, dass sie den Krebs (dieses Mal in der Leber) ein zweites Mal besiegt hatte. Wieder ein Wunder. So beschrieben es die Ärzte. Denn eine Heilung war anscheinend nicht mehr möglich.

Dieses Buch dreht sich um meine grösste Angst: Was wäre, wenn der Krebs wiederkäme. Wie ginge es weiter, wenn mich diese Krankheit mit einer prognostischen Endlichkeit konfrontieren würde. Wie würde ich dann weitermachen. Und warum sollte grade ich von einem Rückfall verschont bleiben. Ich habe dieses Buch bis heute nicht gelesen. Denn ich habe Angst, mich gedanklich konkret mit dieser Situation zu befassen. Aber es steht bei mir im Bücherregal. Als Back-up sozusagen. Damit ich etwas (oder jemanden) hätte, der mir diese Fragen beantwortet. Es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass es eine konkrete Antwort gibt, die da „Hoffnung“ heisst. In einem Moment, in dem die Wahrscheinlichkeit und die Medizin der Hoffnung keine Chance mehr geben. Es war ein beruhigendes Gefühl zu sehen, dass diese kämpferische innere Einstellung Krebsberge vernichten und Wunder vollbringen konnte.

Nun ist sie nicht mehr da. Miriam Pielhau. Die Hoffnung in Person. Der Krebs hat doch wieder einen Sieg errungen. Und jetzt?

Mit ihrem vollkommen unerwartetem Tod ist auch ein Stück von meiner Hoffnung gestorben. Dadurch ist in mir wieder Platz entstanden für die Angst, dass auch mein Kind zu früh ohne Mutter aufwachsen müsste. Welche Waffe bleibt mir also in meinem ganz persönlichen Kampf gegen den Brustkrebs und die Angst vor einem verfrühten Ausscheiden aus dem Leben?

An dieser Stelle sitze ich nun schon seit Stunden vor meinem Beitrag und finde noch keine Antwort, die mich wirklich innerlich überzeugt. Was mir momentan noch bleibt, ist mein innerer Glaube, dass meine aktive Krebsgeschichte an dieser Stelle auserzählt ist. Der Krebs hat so schlecht Regie geführt, dass es keine Fortsetzung mehr geben wird. Überzeugt mich das?

Ich muss wohl fürs Erste noch ein letztes Mal die positive Einstellung von Miriam Pielhau in Anspruch nehmen, die noch im März in einem Interview sagte:

„Das ist die große Kunst. Entweder Angst – oder optimistisches Urvertrauen ins Leben. Da wähle ich lieber die zweite Möglichkeit. Ist auch viel gesünder.“

3 Gedanken zu “Dr. No jagt Dr. Hoffnung

  1. SaMaTe schreibt:

    Weißt Du, was mir hilf? Ich sage mir immer, ich habe alles getan, was ich tun konnte, also die Therapien im Krankenhaus, was nötig war, Bestrahlung und so, und dann habe ich mir eine Psychooknologin gesucht (eine meiner besten Entscheidungen im Leben) und dann habe ich mich informiert, was ich zusätzlich zu der schulmedizinischen Richtung noch tun kann, immer voll unterstützt von meinen Ärtzen, dann achte ich immer mehr auf mich, nehme mich wichtig, besuche alle Kontrolluntersuchungen, esse kein Schweinefleisch mehr (haben mir hinter vorgehaltener Hand mehrere Ärzte gesagt), bin vollkommen auf BIO umgestiegen, habe meine Heilpraktikerin um Rat gefragt… mein OnkoDoc sagte gestern, sie tun doch schon alles, mehr geht nicht.

    Das hilft mir. Ich tue alles. Mehr kann ich nicht tun. Das ist wie Autofahren. Ich halte mich an alle Regeln (naja, äh… 😜 so oft es geht), ich fahre vorsichtig, ich passe auf, ich tue wirklich alles, damit ich heil ankomme, mehr kann ich nicht tun und grübeln, ob ich heil ankomme und ob nicht doch… macht nur meine Freude am Fahren kaputt.

    Ich kann Deine Gedanken so gut nachvollziehen. Aber Miriam Pielhau hat es selber gesagt, „Das ist die große Kunst. Entweder Angst – oder optimistisches Urvertrauen ins Leben. Da wähle ich lieber die zweite Möglichkeit. Ist auch viel gesünder.“

    Ich sende Dir liebste Grüße aus dem Neanderthal!

    • Red & Welly schreibt:

      Ich danke dir für deine lieben Worte. Ich versuche in solchen Krisen, mich auf den Moment zu konzentrieren. Ich sage mir dann, dass genau dieser Moment nicht mehr wiederkommt. Das hilft dann auch etwas, da ich so den Eindruck habe, dass ich mein Leben bewusster wahrnehme. Herzliche Grüsse

  2. gkazakou schreibt:

    Ich bin in deinen Blog indirekt über Katrins Blog (MS) geraten, und habe ein gutes Gefühl, weil du so ehrlich schreibst. Ehrlichkeit ist wichtig, Verdrängen das schlechteste Rezept. Krebskranke sind oft Weltmeister im Verdrängen und im So-Tun, als sei alles in bester Ordnung. Die Angst ist da, sie sucht nach Ausdruck, sie will nicht einfach mit einem Lächeln übergangen werden. Natürlich will die Umwelt „tapfere“ Menschen, aber ein Wehleidiger hat weit bessere Karten. Also wein nur, schrei, überlass dich deiner Wut – geh auf Grund und stoße dich von dort ab in die Höhe, in die Freude, in die Gesundheit.

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