Zwei Jahre ist es nun her, dass ich meine Therapie mit der letzten Bestrahlung beendet habe. Fast auf den Tag genau. Als gesund entlassen. Die Hochrisiko-Rückfallzeit – wie meine Ärztin es nannte – habe ich nun auch ohne Rezidiv überstanden. HAPPY BIRTHDAY, meine liebe Gesundheit. So gross bist du schon geworden. Es war schon ein ganzes Stück Arbeit, dich einigermassen behütet ins Kleinkindalter zu bringen, aber ich muss sagen, es hat sich definitiv gelohnt.
Es sind Daten, die man nicht mehr vergisst. Die sich einbrennen ins Gedächtnis, wie eine Gravur. Der Tag meiner Diagnose – der Zeitpunkt „Null“. Der Ultraschall, der mir bestätigt hat, dass die Chemo meinen gesamten Tumor aufgefressen hat. Der Tag meiner letzten Therapie und der Tag der letzten Bestrahlung. Das Gespräch mit meinen Ärzten, ob ich mich nun wieder als gesund bezeichnen darf.
An all diesen Tagen denke ich stets zurück an die Zeit, die – rückblickend betrachtet – ein Ausnahmezustand war. An diesen Tagen sind mir die Veränderungen, die das Leben nach dem Krebs mit sich gebracht hat, immer stärker bewusst. An diesen Tagen spüre ich sie in jeder Zelle meines Körpers: diese unbeschreibliche, in Worten nicht auszudrückende Dankbarkeit. Darüber, dass ich die Therapie mit so viel Unterstützung gut überstanden habe. Darüber, dass ich wieder mit etwas Übung und Zeit ein „normales“ Leben führen darf. Darüber, dass ich gesiegt habe.
Seit einiger Zeit bemerke ich die Veränderungen in mir, die der Alltag wieder in mein Leben bringt. In erster Linie fühle ich mich nicht mehr als Krebspatientin, sondern als junge Frau, die es wieder wagt leise Pläne für die Zukunft zu schmieden. Ganz bewusst habe ich auf eine Reiserücktrittsversicherung für unseren teuren Camperurlaub verzichtet. Es ist eine Massnahme gegen die Angst und für die Zuversicht in mir, dass wir diese Reise mit Sicherheit gesund antreten werden.
Seit einiger Zeit finden in meinem Sprachgebrauch auch wieder einige totgesagte Redewendungen statt:
„Ich könnte mich totlachen…“ oder
„Tut mir leid, dass ich dir nicht weiterhelfen kann.“ „Na, ich werde es überleben.“
Je länger der reelle Kampf ums Überlegen zurückliegt, desto einfacher fällt es mir, die wörtliche Bedeutung dieser Redensart wieder mit Abstand zu betrachten.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass ich das beste aus meinem hier und jetzt machen möchte und mich nicht wieder vom „Alltag“ überrollen lasse. Es ist der Wunsch, mein alltägliches Leben massgeblich selbst zu gestalten und mir zwischendurch immer wieder meine eigenen Bedürfnisse bewusst zu machen. Es ist die Gewissheit, dass nur ich selbst dafür verantwortlich bin, wie ich mit der Krankheitserfahrung in meinem Leben und der Angst um einen Rückfall umgehen. Es ist aber auch die Klarheit darüber, dass die Krebspatientin in mir mich von nun an mein ganzes Leben lang begleiten wird. Es ist die Erkenntnis, dass mir diese Erfahrung – nachdem ich in den letzten zwei Jahren intensiv daran gearbeitet habe, sie zu verdauen – am Ende mehr positive als negative Aspekte in mein Leben gebracht hat.
Es ist die Freude darüber, dass ich seit dem Brustkrebs still und leise jedes Jahr ein zweites Mal Geburtstag feiere.
Happy Birthday!
Na dann Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!!!
Oliver 2.0
Vielen Dank!
Gerne! …und Danke fürs „Folgen“ :)
Oliver 2.0