Auch wenn der Krebs und die ständigen Nachkontrollen momentan sehr stark meinen Alltag prägen, so ist es doch mal wieder an der Zeit, über das Glück in meinem Leben nachzudenken. Dieser Gedanke ist mir vor ein paar Abenden auf dem heimischen Sofa gekommen, als ich mit meinem Mann den Film „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ geschaut habe. Die Zeilen, die ein Professor der Glücksforschung an seine Studenten gerichtet hat, haben auch mich zum Nachdenken gebracht:
„Wer von uns, frage ich mich, erinnert sich noch an seine Kindheit, wo man Glück als einen zum Leben gehörenden Zustand empfunden hat. Erinnert sich an die Momente, wo alles reine Freude war. Der Moment, wo einfach alles in unserer Welt – in uns und um uns – nur gut war. Es war einfach alles richtig. Und jetzt haben wir den Salat, wir sind erwachsen und alles ist nur noch falsch.“
Ist das so? Sinkt mein Glücksempfinden wirklich mit zunehmendem Alter, obwohl viele Träume sich erfüllt haben und das Leben in geregelten Bahnen zu laufen scheint? Auch wenn ich mich bestimmt nicht davon frei sprechen kann, dass ich an dunklen Tagen die Welt mit pessimistischeren Augen sehe, so kann ich doch behaupten, dass ich – und das besonders seit meiner Krebserfahrung – ein glücklicher Mensch bin…
Und so fragte ich meinen Mann im Anschluss an den Film: „Bist du glücklich?“ Was darauf folgte, war eine wunderbare gemeinsame Reise durch vergangene und aktuelle Glücksmomente:
- Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Kindheit, als ich mit meiner besten Freundin bei unserer vollkommen verarmten Nachbarin in der Küche am Kachelofen sass. Sie hatte nicht viel, die Nachbarin, aber teilte immer ihre frischen, noch warmen Brötchen mit uns. Der Duft der Brötchen, das Knacken beim Aufschneiden…einfach das pure Glück für mich.
- Der Moment, als ich mit 20 Pfennigen bewaffnet zu unserem Wirtshaus gehen und mir dafür 10 Brausebonbons holen durfte…
- Die Erleichterung, als ich beim zweiten Anlauf meinen Führerschein endlich bestanden hatte…
- Die Freude, als ich den Brief von der Universität öffnete und wusste, dass ich einen Studienplatz hatte…
- Heisse Gianduia-Schokolade in Turin…
- So viele besondere Erlebnisse mit meinem Mann.
- Venedig…
- Der Moment bei der Ultraschalluntersuchung, in dem klar war, dass der Tumor durch die Chemo verschwunden war…
- Der Leuchtturm…
- Ein Camper, Kaffee, das Rauschen des Windes und die Sonne, die durch die Bäume des Skuleskogen Nationalparks blinzelte…
- Ein Sonntagmorgen, an dem zwei Striche auf weiss bestätigten, dass ich einfach nur Glück hatte mit meiner Familienplanung…
- Der Moment, als ich meinen Sohn das erste Mal gesehen habe…
- …und als er vor ein paar Wochen seine ersten Schritte in meine Arme gemacht hat…
- Heute: Als meine Ärztin vom Brust-Zentrum, ohne sich mit Namen zu melden, ins Telefon rief: „Es ist alles gut mit der Biopsie!“ Das Glücksgefühl: unbeschreiblich!
- Es gäbe noch so viel mehr…
So bleibt mir eigentlich nicht mehr viel zu sagen, als diesen Beitrag mit den Worten des Professors der Glücksforschung zu schliessen:
„Und das heisst, wir sollten uns nicht mehr der vielbeschworenen Suche nach dem Glück beschäftigen, sondern eher mit dem Glück beim Suchen.“
Und wann bist du glücklich?
Ein toller Artikel… der macht, zumindest ein bisschen… glücklich! Danke!
Oliver 2.0
Danke! Dann hat er ja das erreicht, was er erreichen sollte :-)
Wie schön es ist, gemeinsam über das Glück im Leben nachzudenken… Danke! Glücksmenschen!